43 Millionen Netbooks gegen 11 Millionen Media-Tablets

Geschrieben von am 20. Oktober 2010 in Kategorie Meinung

Dieses Jahr werden weltweit 11 Millionen Media-Tablets und und 43 Millionen Netbooks verkauft, prognostizieren die Marktforscher von ABI Research. Bis Tablet-Computer im Massenmarkt ankommen, ist es noch ein weiter Weg. Vielleicht ist es sowieso ein Irrweg, weil kaum jemand wirklich einen Tablet-Computer benötigt.

Mit der Zukunft von Tablet-Computern hatten wir uns hier im Blog bereits am Montag beschäftigt, als es um die die Progose von Gartner ging. Ich möchte ein Stück weit dagegen halten, wenngleich die Zahlen von ABI Research nicht wirklich in eine andere Richtung gehen. Allerdings sieht man die Zukunft von Media-Tablets dort offenbar nicht ganz so euphorisch.

Für das laufende Jahr gehen die Marktforscher von 11 Millionen verkauften Media-Tablets aus, wobei Apple den Markt mit seinem iPad klar dominiert. Demgegenüber verlangsamt sich nach Erwartung von ABI Research das Wachstum bei den Netbooks, von denen 2010 nur noch 43 Millionen Stück verkauft werden. Die Marktforscher betonen, dass Media-Tablets damit im Gegensatz zu Netbooks noch weit davon entfernt sind, zu einem Massenmarkt-Produkt zu werden. Hier setzt man die Schwelle bei 40 bis 50 Millionen Geräten an.

Apple ist es gelungen, innerhalb des ersten Vierteljahres seit Verkaufsstart einige Millionen iPads zu verkaufen. Das sei zwar eine große Leistung in einem noch so neuen Markt. Der hohe Preis verhindere jedoch, dass das iPad im Massenmarkt ankomme. Wie gut sich der Markt entwickelt, hänge sehr davon ab, wie sich die Preise bei zunehmendem Wettbewerb entwickeln. Apple bekomme nicht nur Konkurrenz durch andere Hersteller, sondern auch durch die Mobilfunkbetreiber, die die Media-Tablets dieser anderen Hersteller bei Abschluss von Mobilfunkverträgen zu niedrigen Preisen verkaufen werden. Besonders dem Samsung Galaxy Tab und dem BlackBerry Playbook traut man zu, dem iPad Marktanteile abzunehmen. Durch seine Koppelung an BlackBerry-Smartphones könnte es das PlayBook von RIM sogar in den Markt für Geschäftskunden schaffen, lautet eine Überlegung.

Ich bin überzeugt davon, dass eine größere Geräteauswahl und niedrigere Preise die Verkaufszahlen von Tablet-Rechnern im kommenden Jahr noch deutlich ansteigen lassen, aber ich bezweifle stark, dass sich die Gartner-Prognose bewahrheiten wird. Dort geht man von rund 19 Millionen verkauften Tablets in diesem Jahr, 55 Millionen in 2011, 103 Millionen in 2012 und 154 Millionen in 2013 aus. Das würde ich nicht einmal glauben, wenn ich in letzter Zeit nicht erhebliche Zweifel am Nutzen der ganzen Geräteklasse heben würde.

Bevor der Hype um das iPad los ging war ich der Ansicht, dass es einen Markt für Tablet-Computer gäbe und man der Geräteklasse eine Chance geben sollte. Deshalb freute ich mich darüber, dass es Apple gelungen ist, diesen Markt zum Leben zu erwecken. Was inzwischen passiert, halte ich indes für eine große Fehlentwicklung. Tablets haben ihre Berechtigung in der Nische, doch mit Blick auf die Bedürfnisse der meisten Nutzer sind sie überflüssig.

Es lang nicht nur am Grad der technischen Entwicklung, dass sich so lange so gut wie niemand für Tablets interessierte. Kaum jemand braucht einen Tablet-Rechner. Und das ist immer noch so. Der „Haben-wollen-Faktor“ ist derzeit enorm groß. Als ich neulich ein Samsung Galaxy Tab in der Hand hatte, spürte ich ebenfalls den Wunsch, es besitzen zu wollen. Ich sehe dafür aber kein sinnvolles Anwendungsszenario zwischen PC, Netbook und Smartphone.

Das Netbook als mehr oder weniger vollwertigen mobilen PC kann ein Media-Tablet jedenfalls nicht ersetzen. Kleine Vorteile bei Akkulaufzeit und Rechenleistung werden die Netbook-Hersteller schon bald ausgeglichen haben. Sollte sich das Angebot an in Deutschland verfügbaren E-Books endlich deutlich vergrößern, werden E-Book-Reader interessant. Zum langen Lesen sind Media-Tablets mit ihren spiegelnden Displays, ihren im Vergleich sehr kurzen Akkulaufzeiten und ihrem zum Teil deutlich höheren Gewicht jedenfalls kaum geeignet. Und wer digitale Medieninhalte bequem auf der Couch konsumieren möchte, sollte sich das Internet lieber auf den Fernseher holen.

Daher frage ich: Wieso sollte man sich für den doppelten Preis ein Gerät kaufen, das nur halb so viel kann wie ein Netbook? Die Menschen kaufen nicht das, was sie brauchen, sondern das, was sie haben wollen. Aber vielleicht kommen die Konsumenten bald wieder zur Vernunft und beenden den Tablet-Boom so schnell, wie er begonnen hat.

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2 Comments For This Post

  1. Jochen says:

    Hi Oliver,

    Das mit dem doppelten Preis ist ein gutes Argument – aber werden die Preise in dieser Region bleiben? Im ersten Jahr waren Netbooks auch vergleichsweise teuer, dann sind die Preise jedoch rapide gefallen. Sollte ein gutes Tablet für ca. 300 bis 400 zu haben sein, könnte die Nachfrage deutlich anziehen. So meine ich das zumindest…

  2. Oliver Springer says:

    Stimmt, mit fallenden Preisen sieht es für Tablets schon besser aus.

    Ich hoffe, dass sich bei Netbooks mit komplett herumklappbarem Bildschirm bald mehr tut. Solche Convertibles sind Tablets schon ein ganzes Stück ähnlicher.

4 Trackbacks For This Post

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