taz geht mit gutem Beispiel bei Paid Content voran

Geschrieben von am 30. Mai 2009 in Kategorie Web 2.0

„die tageszeitung“ aus Berlin bietet seit Ende der Woche als erste überregionale deutsche Tageszeitung ihre Inhalte im EPUB-Format für E-Book-Reader an. Ein Kopierschutz wird nicht genutzt, Leser der digitalen Ausgabe zahlen deutlich weniger als Abonnenten der Papierausgabe.

Digitalen Vertrieb nutzt die Zeitung schon lange, ein „DigiAbo“ war bisher schon in den Formaten PDF, HTML sowie TXT erhältlich. Das E-Book-Format EPUB ist jetzt neu hinzugekommen. Derzeit müssen die Leser sich die Datei mit der jeweils neuesten Ausgabe noch selbst abholen, doch wird im Verlag an einer Versandlösung per E-Mail gearbeitet, die den täglichen Download erspart.

Immerhin kostet die taz im DigiAbo Geld, Selbstabholung passt nicht zum Zeitungsabonnement. Bei den anderen Formaten funktioniert der Versand per Mail außerdem schon. Sehr begrüßenswert ist der generelle Kopierschutzverzicht beim digitalen Abonnement der „tageszeitung“. So können die Abonnenten selbst entscheiden, auf welchem Endgerät sie ihre Zeitung lesen möchten. „Das Überspielen von Daten auf hausinterne zum Einsatz für private nichtgewerbliche Zwecke bestimmte Datenträger und die damit verbundene Nutzung ist erlaubt“, heißt es sogar ausdrücklich in den Nutzungsbedingungen. DRM als wesentliches Akzeptanzproblem digitaler Medieninhalte steht der taz schon mal nicht im Weg.

Der Clou ist jedoch: Die digitale Zeitungsausgabe ist deutlich billiger für die Leser als die traditionelle Papierausgabe der „tageszeitung“. Wie bei der Papierausgabe besteht ein solidarisches Modell, bei dem gut verdienende Leser freiwillig mehr zahlen. Statt zwischen dem „StandardPreis“ (34,90 €), dem „ErmäßigtenPreis“ (23,90 €) und dem „PolitischenPreis“ (41,90 €) stehen beim digitalen Abo nur zwei Preisstufen zur Auswahl: Der normale Preis beträgt nur 10 € pro Monat, wer es sich leisten kann, bezahlt 20 € monatlich. Über die unterschiedlichen Preise werden die Abos für Geringverdiener mitfinanziert, wobei kein Einkommensnachweis erforderlich ist.

Die deutlich niedrigeren Produktions- und Vertriebskosten im Internet bieten die Möglichkeit, Tageszeitungen deutlich billiger als bisher anzubieten. Eine Subventionierung von E-Book-Readern durch Tageszeitungen erscheint als eine Möglichkeit, diesen Vertriebsweg zu etablieren. 10 € statt 34,90 € pro Monat sind in diesem Zusammenhang eine deutliche Ansage, obwohl ein Paid Content-Modell für Einzeltitel meiner Ansicht nach nicht fortschrittlich genug und somit nur als Übergangslösung sinnvoll ist.

Was meint Ihr, ist das taz-Modell für andere Abonnementzeitungen wegweisend? Immerhin wird ein neues Geschäftmodell dringend gesucht und ist man inzwischen an einem Punkt, an dem man eine neue Richtung einschlagen muss. Könnte sogar das Solidarmodell mit unterschiedlichen Preisen für andere Zielgruppen funktionieren? Immerhin gibt es ja Überlegungen, Zeitungen über Spenden zu finanzieren. Die Idee ist dabei ja, dass Menschen ihre Zeitung für so wertvoll halten, dass sie sie aus Überzeugung unterstützen.

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4 Comments For This Post

  1. Sigmund says:

    Praktisch ist es definitiv. Allerdings ziehe ich es trotzdem vor, meine Zeitung in Papierform zu lesen. Macht einfach mehr Spaß, wenn man während der Mittagspause ganz klassisch durch die Seiten blättern kann.

  2. Oliver Springer says:

    Aber wie lange wird es gedruckte Zeitungen noch geben? Ich denke, dass wir das Ende der gedruckten Zeitung ziemlich bald erleben werden.

  3. Jochen says:

    @Oliver: Ich glaube, dass Sigmund die Frage bereits beantwortet hat. Solange es Menschen gibt, die eine gedruckte Zeitung lesen möchten, wird es die Zeitung in Papierform auch geben. Mir gefällt die gedruckte Zeitung auch besser. Ich könnte mir nicht vorstellen, meine Sonntagszeitung auf irgendeinem eReader zu lesen – da geht es um mehr, als nur die reine Informationsaufnahme. Irgendwie hat das Lesen einer gedruckten (Sonntags-)Zeitung auch etwas mit Lebensqualität oder Lifestyle zu tun…

  4. Oliver Springer says:

    Ich kann mich selbst noch daran erinnern, wie mir Leute erzählt haben, dass sie nie eine CD statt einer Schallplatte kaufen würden.

    Und auch die Argumentation gegen das Hören von Musik auf MP3-Playern, die wiederum die CDs verdrängen, ist mir noch gut in Erinnerung.

    Na und jetzt heißt es eben, dass ein E-Book weder Zeitung noch Buch ersetzen könnten.

    Wer ohne Bücher aufgewachsen ist, wird das später lächerlich finden.

    E-Book-Reader werden sich vermutlich durchsetzen, E-Books auf jeden Fall, davon bin ich überzeugt.

    Und gab es bei Star Trek nicht auch Leute, die mit dieser neumodischen Beam-Technologie nichts anfangen konnten und stattdessen lieber mit dem Shuttle flogen? Ich sag’s ja nur… 😉

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  1. Mit Trennung von Online und Print aus der Krise? | TechBanger.de says:

    […] wirklich, wo bleibt das Modell für Paid Content der großen deutschen Verlage? Eine Trennung von Print und Online, damit die Printredakteure in […]