Bei Digitalisierung von Büchern die Chancen sehen

Geschrieben von am 11. November 2009 in Kategorie Meinung

Erst gestern fragte mein Kollege Jochen an dieser Stelle, wo die deutschsprachigen E-Books blieben. Das Thema E-Books wird hierzulande noch vieler Diskussionen bedürfen, um die weit verbreiteten Befürchtungen hinsichtlich der Risiken zu mildern. In den USA ist man schon viel weiter und kommt möglicherweise bald noch einen großen Schritt voran.

Der Termin für die Anhörung zum Google Book Settlement wurde entsprechend den Wünschen der Parteien auf Freitag verschoben. Die Vertreter der US-Buchbranche und Google wollten mehr Zeit bekommen, um sich in die Ergebnisse aus einem Gespräch letzter Woche einzuarbeiten. Sollten sich die amerikanischen Verlage mit dem Suchkonzern einigen können, wird das Thema auch hierzulande ganz sicher viel diskutiert werden.

Hier soll es nicht um die Details des Google Book Settlement gehen, sondern um die Chancen der Digitalisierung von Büchern. Google wird nicht nur von Zeitungsverlagen, sondern auch von Buchverlagen immer wieder als Gefahr eingestuft. Spannend ist das Theme E-Books nicht nur mit Blick auf Neuerscheinungen, sondern gerade mit Blick auf die Wissensschätze in den Bibliotheken auf aller Welt.

Zu Wochenbeginn mahnte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) in einer Presseinformation zu einer sachlicheren Diskussion. „Sowohl das Buch-Projekt von Google als auch europäische Initiativen bieten Chancen, Kulturgüter über das Internet besser zugänglich zu machen und Verlagen neue Einnahmequellen zu eröffnen“, warb BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer in Berlin für die Vorteile.

Ein Streitpunkt ist der Umgang mit „verwaisten Werken“, also Büchern, die in Papierform nicht mehr verlegt werden und bei denen die Inhaber der Rechte so gut wie nicht zu finden sind. „Damit werden Werke einer breiten Öffentlichkeit neu zugänglich gemacht, die zurzeit im Verborgenen schlummern“, argumentiert Scheer. Außerdem geht es um die Digitalisierung „gemeinfreier Werke“, also um Bücher, bei denen das Urheberrecht bereits abgelaufen ist. Dabei handelt es sich um eine große Zahl von Titeln, schon 10 Millionen wurden eingescnannt, bis zum Jahr 2015 sollen es 15 Millionen werden.

Beim Google Book Settlement soll ein angemessener Interessenausgleich erzielt werden. „Wichtig ist, dass es Rechtsklarheit für die Digitalisierung gibt – dies gilt für private wie öffentliche Projekte“, so Scheer. Die Zusammenarbeit soll freiwillig sein. Fraglich ist, wie Verlage und Autoren aus Europa ihre Rechte geltend machen könnten. Scheer: „Eine der größten Herausforderungen im Urheberrecht ist, nationale Bestimmungen mit dem weltweiten Internet in Einklang zu bringen. Das ist eine Herkulesaufgabe für Wirtschaft und Politik.“

Das Angebot von Google in Deutschland umfasse nur solche Bücher, für die das Urheberrecht entweder schon abgelaufen ist oder für die Google eine Lizenz innehat, betont der BITKOM. „Es überwiegen klar die Chancen, wenn Privatunternehmen sich bei der Digitalisierung von Kulturgütern engagieren – aus kultureller und wirtschaftlicher Perspektive“, meint Scheer. „Nicht nur Unternehmen wie Google, sondern auch Autoren und Verlage können sich hier neue Einnahmen erschließen.“

Der Hightech-Verband bezweifelt, dass staatliche Stellen die Digitalisierung alleine bewerkstelligen könnten. Öffentliche Projekte wie Europeana, was von der EU-Kommission unterstützt wird, und private sollten sich ergänzen. „Dass mit Google aktuell ein amerikanisches Unternehmen in Führung geht, sollte kein Anlass zu Protesten sein, sondern ein Ansporn für Europa.“ Die Europäer sollten sich darum kümmern, dass das eigene Kulturerbe in angemessenem Umfang und mehrsprachig online zugänglich werde.

Ich denke, wir können froh sein, dass Google mit der Digitalisierung schon so weit vorangekommen ist. Das sorgt für Handlungsdruck. Sicher kann man sich Sorgen darüber machen, dass Google noch größeren Einfluss auf das Wissen der Welt erhält, aber warum wird Google überhaupt das Feld überlassen? Müssten die Nationen, deren Wohlstand auf Wissen und hoher Bildung der Bevölkerung beruht, nicht längst selbst Projekte dieser Art realisiert haben, die entsprechend der herausragenden Bedeutung des Zugangs zu Wissen finanziell gut ausgestattet sind?

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