Time Warner kauft AOL-Anteil von Google

Geschrieben von am 29. Juli 2009 in Kategorie Web 2.0

Der Mediengigant Time Warner möchte AOL loswerden und kauft dazu ausgerechnet die 5 % von Google zurück, die der Suchmaschinenbetreiber 2005 für eine Milliarde Dollar übernommen hatte, zum Schnäppchenpreis von bloß 283 Millionen Dollar.

Der Medienkonzern Time Warner wird gerade in großem Stil umgebaut, der Rückkauf der AOL-Anteile von Google soll einem für ungefähr zum Ende des Jahres geplanten Börsengang der Online-Sparte den Weg ebenen. Indem AOL wieder an die Börse kommt, möchte man einen Schlussstrich unter die Geschichte des spektakulären Misserfolgs der Fusion von Time Warner und AOL ziehen.

Auf Basis der aktuellen Transaktion wird der derzeitige Wert von AOL auf 5,6 Milliarden Dollar geschätzt, als Google sich bei AOL einkaufte lag dieser Wert bei rund 20 Milliarden Dollar, was im Vergleich zum Zeitpunkt der Fusion von Time Warner und AOL schon sehr wenig war. Damals waren es 147 Milliarden Dollar.

Insofern halten sich die Verluste für Google wirklich in Grenzen. Sehen sollte man dabei außerdem, dass es sich für den Suchmaschinenbetreiber um eine strategische Entscheidung handelte, die in erster Linie gegen Microsoft gerichtet war, ähnlich kann das teure Engagement bei MySpace gesehen werden.

Der Werbe-Deal zwischen Google und AOL im Rahmen einer Suchpartnerschaft läuft im Dezember 2010 aus und es ist offen, ob und wenn ja zu welchen Konditionen er verlängert wird, doch die große Zahl an AOL-Nutzern dürfte Google schon nennenswerte Einnahmen beschert haben, was den meist auf 717 Millionen Dollar bezifferten Verlust relativieren sollte.

Dennoch dürfte das Engagement Googles bei AOL den Suchgiganten eine Menge Geld gekostet haben. Ob es sich nicht vielleicht doch gelohnt hat, steht auf einem anderen Blatt. In den letzten Jahren ist es Google sehr erfolgreich gelungen, seine Position auszubauen. Google hatte sich 2005 gegen Microsoft durchgesetzt, wäre Microsoft der Einstieg geglückt, liefe das Suchmaschinengeschäft dort vielleicht besser. AOL steht bei den Besucherzahlen in den USA derzeit hinter Google, Yahoo und Microsoft an vierter Stelle.

Übernahmegedanken gab es besonders letztes Jahr wieder, als Microsoft hinsichtlich des angestrebten Kaufs von Yahoo nicht vorankam. Wer weiß, wie der Aktienkurs sich entwickeln wird, wenn AOL zurück an die Börse kommt. Vielleicht ergibt sich dann ja eine günstige Einstiegschance für Microsoft oder Yahoo.

Gelingt es AOL-Boss Tim Armstrong, seine auf eigene Inhalte fokussierte Strategie erfolgreich umzusetzen, könnte der einstige New Economy Star in neuem Glanz erstrahlen. Überhaupt der Glanz: „A big part of fixing AOL is getting AOL to believe in itself“, konstatierte Tim Armstrong erst vorige Woche. Das Vertrauen in die eigene Zukunft zu stärken, wird das Eine sein.

Meiner Meinung nach muss AOL daneben vor allem etwas für sein Image tun. Für diesen Blogpost habe ich zahlreiche Artikel gelesen, mich interessierte vor allem, wie die Entwicklungen bei AOL bewertet werden. Wie schon lange fallen die Reaktionen meistens höchstens neutral, aber ansonsten negativ aus.

Die Marke sei verbrannt, heißt es oft. Und in Kommentaren finden sich wie üblich Varianten von „Ach, das gibts noch?“, so ignorant das angesichts der gewaltigen Reichweite der AOL-Websites und Services auch ist. Spannend finde ich in diesem Zusammenhang, dass der Name AOL seitens des Unternehmens wieder betont werden soll, Platform-A soll die Werbesparte nicht mehr heißen, sondern AOL Advertising. Die erst dieses Jahr neu eingeführten Dachmarken People Networks und MediaGlow wird es so nicht mehr geben, neu zu merken sind AOL Communications, AOL Local & Mapping sowie AOL Ventures; zu Letzterem zählt das Ende letzten Jahres stark Richtung Web 2.0 verstärkte Social Network Bebo, dessen Zukunft nicht ganz klar ist.

69 % der erwachsenen US-Amerikaner wissen einer aktuellen Umfrage zufolge übrigens nicht, was Twitter ist. (Wie sähe das wohl in Deutschland aus?!) Ich bin fest davon überzeugt, dass dieselben Leute etwas über AOL sagen könnten. Nur viel Positives wäre da vermutlich nicht bei. Doch für ein Image braucht man erst einmal Awareness!

Was denkt Ihr über die angestrebte Abspaltung von AOL und den geplanten Börsengang? Würdet Ihr Euer Geld in AOL-Aktien investieren?

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2 Comments For This Post

  1. jochen says:

    Mein Geld würde ich definitiv nicht in AOL investieren. Ich war schon einmal Kunde und habe den absoluten Service-Alptraum erlebt. Internetzugänge scheinen nicht gerade die Kompetenz des Unternehmens zu sein – auch nicht in den USA. Vielleicht kann die Umstellung zum Content-Konzern ja zu einer Besserung führen.

  2. Oliver Springer says:

    Immerhin war AOL im Zugangsgeschäft einmal sehr erfolgreich. Ich gehe sogar soweit, zu sagen, dass AOL einen besonderen Verdienst daran hat, das Internet breiten Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen.

    Meine Erfahrungen mit AOL sind positiv, gerade auch, was den Zugang zum Netz angeht. Die bisherige Content-Strategie finde ich sehr überzeugend, da kann AOL auf einem großen Netzwerk aufbauen.

    Die verschiedenen Bereiche erscheinen mir noch weit davon entfernt, optimal verzahnt zu sein. Da bin ich z. B. sehr gespannt, was aus dem Kartendienst wird.