Onlinewerbung: Zweifel an Bedeutung der Klickraten

Geschrieben von am 29. Januar 2011 in Kategorie Web 2.0

Diese Woche wurde auf der DLD-Konferenz eine neue Studie vorgestellt, die einmal mehr die Fixierung auf die Klickraten als wichtigste Größe bei Onlinewerbung hinterfragt. Display-Werbung funktioniert auch bei minimaler Klickrate, so die Kernaussage.

Wann habt Ihr das letzte Mal auf einen Hörfunk- oder TV-Werbespot geklickt? Das geht gar nicht und dennoch bezahlen Werbetreibende eine Menge Geld dafür. Das Beispiel zeigt, wie absurd im Grunde genommen die Fokussierung auf die Klickraten bei Online-Werbemitteln ist. Werbung wirkt auch jenseits der Click-Through-Rate (CTR), das sagt einem bereits der gesunde Menschenverstand.

CTR passt nicht zum Brand-Building
Dennoch lohnt ein Blick auf die Ergebnisse einer Untersuchung von comScore und der Tomorrow Focus AG, die auf der DLD in München diese Woche vorgestellt wurden. Bei der Untersuchung ging es um das Pozenzial von Internet-Werbung für den Markenaufbau. Gerade in diesem Bereich ist der CTR-Wert wenig aussagekräftig, lautet das Fazit.

Seit langem sinken die Klickraten von Jahr zu Jahr. 2009 gab es einen Rückgang um 15 Prozent; im Dezember 2009 sank die CTR auf 0,11 Prozent. 85 Prozent der Internetnutzer in Deutschland klickten im August 2010 kein einziges Online-Werbemittel an, ist eine andere Erkenntnis. Mit der Klickrate wird die Werbewirkung auf all diese User überhaupt nicht erfasst. Drei Prozent der Nutzer sorgten hingegen für 62 Prozent aller Klicks. Diese „Heavy Clickers“ lassen sich zwar nicht einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe zuordnen, doch unterscheidet sich ihr Online-Verhalten stark vom Durchschnitt.

Neue Messgröße wird benötigt
Christoph Schuh, Vorstand Marketing und Vertrieb (CMO) der TOMORROW FOCUS AG, kommentierte die Forschungsergebnisse so: „Die Studie ist ein Beweis dafür, dass die einfache Klickrate als Messgröße für den Erfolg von Display-Werbung irreführend ist. Wenn wir keine neue Valuta einführen, die in der Lage ist, den Werbeerfolg zu messen, beispielsweise Markenaufwertung oder Engagement, wird das Internet weiterhin nur als Direct-Response-Kanal gewertet werden. Bei TOMORROW FOCUS arbeiteten wir mit Nachdruck an neuen Messverfahren und werden diese noch 2011 vorstellen.“

Auf Basis von Untersuchungen zur Anzeigenwirksamkeit in Frankreich, Spanien, Großbritannien und Deutschland kommt man bei comScore zu dem Schluss, dass Display-Werbung auch dann einen Einfluss auf Konsumenten hat, wenn diese die Werbemittel nicht anklicken. So ließen sich mit Display-Werbung die Besucherzahlen einer Website um 72 Prozent erhöhen. Die Abfrage zur Werbung passender Suchbegriffe steigerte sich sogar um 94 Prozent.

Ganzheitliche Betrachtung angestrebt
Dazu Linda Abraham, comScore-Marketingchefin: „Wenn in Zukunft auf Online-Medien ein angemessener Anteil der Branding-Mittel entfallen soll, dürfen Click-Through-Raten nicht mehr die alleinige Messgröße sein. Wir benötigen stattdessen neue Messwerkzeuge, die die kreative Qualität sowie den Anteil wiedergeben, den Online-Werbung am Brand-Building hat. Es ist wichtig, dass wir damit beginnen, den Einfluss von Online-Werbung nicht nur in dem Moment, wo sie angeklickt wird, zu ermitteln, sondern auch zu dem Zeitpunkt, wenn sie von den Nutzern angesehen wird. Die ganzheitliche Betrachtung der Wirkung von Online-Werbung ist daher wichtiger als je zuvor.“

Der Tomorrow Focus AG darf man wohl ein Eigeninteresse in Bezug auf die Untersuchungsergebnisse unterstellen. Entsprechendes gilt für Medien, die aufgeschlossen über Möglichkeiten zur Neubewertung von Onlinewerbung berichten. Eine gewisse Skepsis ist also angebracht. Andererseits ist schwer nachvollziehbar, warum es nicht längst ein großes Umdenken gegeben hat. Nicht nur Publisher von Tageszeitungen bis Blogs müssten daran ein Interesse haben. Jedes werbetreibende Unternehmen möchte wissen, was es für sein Werbegeld bekommt bzw. wie es am besten eingesetzt werden kann.

Zum Schluss ein keiner Selbstversuch: Denkt an die zuletzt von Euch besuchten Websites. Erinnert Ihr Euch an Werbung auf diesen Sites?

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2 Comments For This Post

  1. Thomas says:

    Ich erinnere mich tatsächlich ganz gut an die Werbung auf besuchten Webseiten. Kann aber auch an meinem Beruf liegen.

  2. Oliver Springer says:

    @Thomas: Was man beruflich macht, beeinflusst die Wahrnehmung von Werbung bestimmt. Wenn man so wie ich etwa selbst als Blogger Online-Werbung einsetzt, bleibt das nicht ohne Wirkung. Ob ich allerdings besser oder schlechter auf Werbung anspreche, kann ich nicht sagen.

    Gerade bei recht großen Werbemitteln wie Bigsize-Banner oder Skyscraper lässt sich eine Wahrnehmung durch den Nutzer kaum vermeiden. Zudem folgt einem die Werbung ja teilweise von Seite zu Seite.

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  1. Abverkaufswirkung von Online-Werbung besser als von TV-Werbung | TechBanger.de says:

    […] gewichtet werden sollte. Größere Chancen auf Wachstum sehe ich allerdings darin, Internet-Werbung endlich im Bereich Image-Werbung zu etablieren und gerade von direkten Reaktionen wie Klicks und Käufen […]