Blog für Medienkompetenz

Geschrieben von am 28. November 2009 in Kategorie Web 2.0

Das ist nicht nur etwas für Jugendliche: Das Blog ichimnetz.de, das von den Verlegern hinter DasTelefonbuch gestartet wurde, soll die Medienkompetenz Jugendlicher und junger Erwachsener fördern, bietet meiner Ansicht nach gerade auch älteren Erwachsenen Informationen, Tipps und Anregungen. Schwerpunktthema ist die Selbstdarstellung im Internet, die allerdings gerade viele junge Menschen etwas zu arglos betreiben.

Spektakulär ist es nicht, was auf ichimnetz.de geboten wird. Dafür sachlich-unaufgeregt, mit professionellem Erscheinungsbild und ohne diese anbiedernde Pseudo-Coolness, wie sie bei Informationsangeboten für Jugendliche leider oft anzutreffen ist. Statt bunt, laut oder optisch auf MTV getrimmt, stehen Texte im Vordergrund, die nicht bloß an der Oberfläche kratzen. „Ziel ist es, für das Thema Selbstdarstellung im Internet zu sensibilisieren und Medienkompetenz zu fördern“, steht es in der Pressemitteilung ganz nüchtern. Das brauchen wir!

„Soziale Medien sind eine tolle Spielwiese, auf der man schnell mal nicht mitbekommt, dass teils die Weltöffentlichkeit zuschaut und dies im Zweifel auch noch für lange Zeit nachvollziehbar ist“, mahnt der Pressetext. „Kommunikation im Web ist Selbstdarstellung im Web. Internetaktivitäten bringen unweigerlich eine Online-Identität hervor, mit der jeder Nutzer im Zweifel für lange Zeit wird leben müssen. Das Ich im Netz ist wichtig. Ein guter Grund, hierauf zu achten.“

Da es keinen umfassenden Leitfaden zum Social Web gibt, möchte das Blog über die eigenen Beiträge hinaus die vielen „Postings, Kommentare, Hinweise, How-To’s, Tipps und Empfehlungen“, die oft „weit verstreut und nicht immer leicht zu finden“ sind, aggregieren und komprimieren, wobei die technischen und rechtlichen Aspekte ebenfalls thematisiert werden sollen. In einem Artikel über Mobbing steht etwa: „Eigentlich dürfen aber gar keine Fotos im Netz erscheinen, bei denen nicht alle erkennbaren Leute eingewilligt haben.“ Das Recht am eigenen Bild wird in einem weiteren Artikel ausführlich angesprochen;  dort liest man: „Festzuhalten ist, dass Bilder und Filme von Freunden und Bekannten zwar fast uneingeschränkt geschossen, jedoch nur mit deren Zustimmung veröffentlicht werden dürfen.“

Die Artikel sind zwar erkennbar für junge Leser formuliert, inhaltlich jedoch durchaus anspruchsvoll. Man mag bezweifeln, ob sich die Zielgruppe damit beschäftigen möchte, doch ich glaube, dass es ein großer Fehler wäre, die jungen Menschen zu unterschätzen. Andererseits sollte man nicht glauben, heute könnten nur noch die Erwachsenen etwas lernen über Medienkompetenz, wie das teilweise (wohl absichtlich übertrieben) in „Wie aus Lehrern Schüler werden“ diese Woche auf netzwertig.com vertreten wird.

Bisher sind stehen auf dem neuen Blog ichimnetz.de noch nicht viele Artikel, doch der Anfang überzeugt. Es sollen „regelmäßig Blogger, Fachautoren und Experten zu Wort“ kommen. Warum mir dieses Projekt sympathisch ist, erklärt sich leicht: Ich habe ich dieses Jahr einfach zu oft gehört, wie gefährlich, schädlich und böse das Internet sei. Auf faz.net hat Oliver Jungen dazu gestern erst unter der Überschrift „Der Staat erobert das Internet zurück“ einen klugen Artikel verfasst, der Sätze wie diesen enthält: „Innenminister erklären den Cyberspace zum Taliban-Gebiet.“

Obwohl stark überspitzt, kennzeichnet diese Formulierung doch treffend, wie diejenigen, die das Internet mit seinen Freiräumen verteidigen wollen, die Entwicklungen wahrnehmen. Wer vor Gefahren aus dem Internet warnt, wird dann schnell dem Lager der Zensoren, Überwacher und Internet-Ausdrucker zugerechnet. Bislang haben sich die Diskussionen in Blogs und Foren über diese Themen oft nicht durch einen sachlichen Stil ausgezeichnet, um es mild zu formulieren.

Die Medienkompetenz in Deutschland zu fördern, nicht nur bei Jugendlichen, sondern beispielsweise auch bei Politikern und Managern, ist meiner Überzeugung nach langfristig der beste Weg, nicht nur wichtige Freiheiten zu erhalten und mit den großen Veränderungen im Zuge des Übergangs vom analogen ins digitale Zeitalter zurechtzukommen, sondern die großen Chancen zu ergreifen, die uns das Internet bietet. Das Netz ist noch so jung, es kommt noch einiges auf uns zu.

Was meint Ihr, wie steht es um die Medienkompetenz in Deutschland?

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2 Comments For This Post

  1. Michael Herfort says:

    Auch wenn es jetzt recht platt ist: Die Medienkompetenz in Deutschland lässt sich, meiner Meinung nach, gut am Google Zeitgeist 2009 ablesen. Wenn dort auf Platz 4 der Suchbegriffe „Google“ steht, möchte man weinen. Stundenlang. Insofern ist ichimnetz.de ein vernünftiger Ansatz, der locker ausbaufähig ist. An der Länge der Texte könnten die arbeiten und die Sprache ein bisschen weniger bemüht jugendlich gestalten.

  2. Oliver Springer says:

    @Michael: Das geht aber noch mit den sprachlichen Bemühungen um Jugendlichkeit, da gibt es anderswo wirklich schlimme Sachen, da will ich hier nicht meckern.

    Wieso man bei Google nach Google sucht…tja…

    Ansonsten ist eine Suche bei Google bei bekannten Websites allerdings oft durchaus komfortabler und nicht zuletzt sicherer (Tippfehler) als die direkte Eingabe der URL. Machen auch Profis. Hm, aber wenn man schon bei Google ist…hm, hat da jemand eine Idee zu?

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