Gedanken zu den Übernahmegerüchten hinsichtlich Twitter

Geschrieben von am 04. April 2009 in Kategorie Meinung

Seit der einflussreiche Blog TechCrunch.com über eine mögliche Übernahme von Twitter durch Google geschrieben hat, verbreitete sich eine wahre Flut von Meldungen zu dem Thema. Wieder einmal. Alle scheinen nur darauf zu warten, dass der stark wachsende Mikro-Blogging-Dienst endlich bei einem der Big Player unterkommt, ob sie es wünschen oder fürchten. Aktuell kann wohl Entwarnung gegeben werden.

Michael Arrington von TechCrunch argumentiert, der wahre Wert von Twitter liege in seiner Suche. Sie sei der Schlüssel zur besten Datenbank und Suchmaschine mit Echtzeit-Informationen im ganzen Internet, einem Spielfeld, in dem Google überhaupt nicht vertreten sei. Menschen suchen auf Twitter nach besonders aktuellen Informationen, Marken bzw. Unternehmen suchen nach Feedback.

Dieser Datenbestand sei sehr viel wert, dies wisse auch Twitter und würde sein Geschäftsmodell darauf aufbauen. Anstatt über Features wie Pro-Accounts, für die User bezahlen müssten, nachzudenken, sollte man sich beim Mikro-Blogging-Dienst darauf konzentrieren, die Nutzer die Datenbank weiter so gut befüllen zu lassen. Google habe gezeigt, wie viel Geld mit Online-Suche zu verdienen ist.

Biz Stone, einer der Twitter-Gründer, hat angesichts der zahlreichen Medienberichte im Firmenblog einen kurzen Post geschrieben, in dem steht, dass niemand sich darüber wundern sollte, dass Twitter sich regelmäßig mit anderen Firmen über eine Reihe von Themen austauscht. Man wolle ein profitables, unabhängiges Unternehmen aufbauen, damit hätte man gerade erst begonnen.

Nach einem Dementi klingt das nicht, eher danach, dass es tatsächlich Gespräche mit Google gibt und man sich bei Twitter derzeit noch alle Optionen offen halten möchte. Immerhin gibt es ja noch Microsoft, das beim Projekt ExecTweets als großer Sponsor tätig ist. Für den Softwareriesen, dem es noch nicht gelungen ist, seine Suchmaschine nach vorne zu bringen, könnte eine Twitter-Übernahme den entscheidenden Wendepunkt bringen.

Für Google wäre der Twitter-Kauf in erster Linie als präventiver Schritt sinnvoll, damit sich der Mikro-Blogging-Dienst nicht vielleicht doch zu einem ernsthaften Rivalen im Suchgeschäft entwickelt. Die damals nicht zustande gekommene Übernahme von Google durch Yahoo beweist in diesem Zusammenhang am besten, wie schlimm sich verpasste Chancen auswirken können.

Eine Übernahme würde Google wieder frischer und innovativer wirken lassen, doch im Gegensatz zu Microsoft, dessen Geschäftsmodell des Softwareverkaufs einer unsicheren Zukunft gegenübersteht, scheint Google sehr gut für die weitere Entwicklung des Internets gerüstet. Eine Eingliederung in Windows Live Services, die Microsoft stark ausbaut, wäre weit spannender.

Angesichts des rasanten Wachstums und der entsprechend wachsenden Kosten für den Betrieb von Twitter, erscheint eine Übernahme durch einen der Big Player sehr wahrscheinlich. Mag sein, dass Michael Arrington mit seiner Einschätzung richtig liegt und der Bereich Suche der vielversprechendste von allen ist. Dann sollte Twitter seine Suche, die aus der Übernahme von Summize entstanden ist, aber endlich mal vom unteren Rand in einen Bereich mit mehr Aufmerksamkeit bringen. Mag auch sein, dass rund ein Drittel aller Internetanfragen auf Personen entfällt, wie es bei der Personensuchmaschine yasni.de heißt, was ebenfalls für eine wachsende Relevanz von Twitter sprechen könnte.

Wenn Twitter allerdings wirklich so viel Potenzial hat, sollte man sich eine Übernahme durch Google, Microsoft oder ein ähnliches Großunternehmen nicht wünschen. Die Chancen auf die Entwicklung eines spannenden Geschäftsmodells stünden viel, viel schlechter. Ob als Teil einer Suchmaschine oder als Marketingwerkzeug eines Unternehmens wie Amazon, Ebay oder etwa eines Medienunternehmens, was sich für den Käufer bestens auszahlen könnte, stünden die Chancen schlecht, ein revolutionäres Geschäftsmodell zu entwickeln. Überhaupt würde die Weiterentwicklung von Twitter dann an der Strategie des Käufers ausgerichtet, was sehr schade wäre.

Oder wird der Hype bald nachlassen und ist eine solche Übernahme das Beste, auf das Twitter hoffen kann?

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2 Comments For This Post

  1. Hans Kolpak says:

    Ein wunderbarer Beitrag, Oliver Springer!

    Doch ich glaube nicht daran, daß twitter yasni kaufen wird. yasni hat gerade einmal 22 follower!

    http://twitter.com/yasni

    Stellen Sie sich vor, yasni würde twitter kaufen! Der Spruch „Der Schwanz wackelt mit dem Hund“ würde ein neue Dimension erfahren!

    Hans Kolpak
    der alles mit Links bloggt, was recht ist.

  2. Oliver Springer says:

    Danke, aber von einer Übernahme von yasni oder durch yasni war in meinem Artikel keine Rede. yasni hatte ich erwähnt, weil laut Unternehmensangaben jede Dritte Suche im Netz Personen betreffen soll.

    Wer sich für einen bestimmten Menschen online sucht, interessiert sich vermutlich für dessen Tweets, das war die Überlegung dabei.