Deutsche sind länger online, wollen aber das Gegenteil

Geschrieben von am 01. Februar 2024 in Kategorie Allgemein

Das Internet dringt in immer mehr Lebensbereiche vor und wird dabei auch immer wichtiger. Wen wundert es da, dass die Deutschen laut aktueller „Postbank Digitalstudie“ mehr Zeit online verbringen? Vielleicht die Nutzer selbst, die viele wollen ihre Internetnutzung eigentlich einschränken.

Im Durchschnitt verbringt ein Deutscher 71 Wochenstunden im Netz, lautet ein Ergebnis der repräsentativen Studie der Postbank. Das sind satte 21 Stunden mehr als fünf Jahre zuvor. Die meiste Onlinezeit geht auf das Konto der 18- bis 39-Jährigen; sie sind 93 Stunden pro Woche online, was umgerechnet fast vier Tagen pro Woche entspricht.

Nutzung verschiedener Endgeräte

84 Prozent nutzen das Internet mittels Smartphone, 65 Prozent verwenden ein Notebook, 50 Prozent einen Desktop-Rechner und 48 Prozent ein Tablet, wobei es signifikante Unterschiede zwischen verschiedenen Altersgruppen gibt. Von den 18- bis 39-Jährigen sind 91 Prozent mit einem Smartphone im Internet, während es bei den Bundesbürgern ab 40 Jahren nur 82 Prozent sind.

Ein Notebook verwenden etwas mehr Nutzer der Altersgruppe ab 40 für die Internetnutzung als Nutzer der Altersgruppe zwischen 18 und 39: 66 Prozent gegenüber 63 Prozent. Interessant ist, wie weit Desktop-Computer verbreitet sind: In beiden Altersgruppen nutzt etwa die Hälfte das Internet mit einem solchen Gerät.

„Die stetig steigende Internetnutzung hat auch eine beschleunigte digitale Transformation in der Bankenbranche ausgelöst. Wir entwickeln personalisierte Online-Angebote weiter und nutzen soziale Medien, um mit unseren Kunden in Kontakt zu bleiben. Mehr und mehr entwickelt sich das Handy zur digitalen Filiale, dabei schätzen die Kundinnen und Kunden vor allem die jederzeitige Verfügbarkeit“, sagt Thomas Brosch, Leiter Digitalvertrieb der Postbank.

Wunsch nach weniger Online-Zeit

Ein gewisser Widerspruch zum anhaltenden Trend zu mehr Internetnutzung zeigt sich darin, dass viele Deutsche ihre Online-Zeit reduzieren möchten. Nahezu jeder Dritte in der Altersgruppe zwischen 18 und 39 Jahren denkt über eine Verringerung nach. Vor allem Soziale Netzwerke werden unter diesem Aspekt kritisch betrachtet; 41 Prozent möchten dort weniger Zeit verbringen.

In der Altersgruppe ab 40 Jahren möchten 18 Prozent ihre Online-Zeit verringern. 30 Prozent davon wollen stattdessen mehr Zeit für persönliche Treffen mit Freunden und Familienmitgliedern haben.

28 Prozent möchten aus gesundheitlichen Gründen ihre Online-Zeit reduzieren und hoffen, damit Kreativität, Produktivität und Konzentration erhöhen zu können. Hier gab einen Anstieg um fünf Prozentpunkte gegnüber 2022. Einer von fünf Befragten gab an, nicht ständig erreichbar sein zu sollen.

Ergibt die Idee von Online-Zeit überhaupt noch Sinn?

Wie ist das bei unseren Lesern? Wollt Ihr Eure Online-Zeit auch verringern, warum? Ich halte das nicht für einen sinnvollen Ansatz. Begriffe wie Online-Zeit oder Internetnutzung sind ziemlich schwammig:

Was ist mit Zeit, in der man mit einem E-Book-Reader wie dem Kindle ein aus dem Internet heruntergeladenes Buch liest? Zählt die Lesezeit mit zur Online-Zeit – zumindest dann, wenn man dort ab und zu eine Lexikon- oder Vokabelfunktion verwendet?

Was ist mit Zeit, in der man mit Familienangehörigen telefoniert, wenn der Telefonanschluss IP-basiert ist?

Was  ist mit Zeit, in der man beim Meditieren entspannte Hintergrundmusik streamt?

Kann es einen Unterschied machen, ob man eine Sendung im linearen TV-Programm über Kabel, Satellit oder DVB-T anschaut oder dieselbe Sendung über einen IPTV-Anschluss oder einfach einen Online-Stream anguckt?

Was ist mit automatischen Software-Updates oder automatischen Back-ups über das Internet?

Zählt es als Internetnutzung, wenn Smart-Home-Geräte über das Internet gesteuert werden? Macht es einen Unterschied, ob man gerade bewusst aktiv wird oder das System entsprechend den eigenen Vorgaben immer wieder aktiv wird, also etwa auf die aktuelle Wetterlage berücksichtigt?

Kann man Online-Zeit sparen, wenn man ein YouTube-Video innerhalb einer Minute herunterlädt und dann „offline“ anschaut, anstatt 30 Minuten lang zu streamen?

Zählt die gesamte Fahrzeit mit dem Auto als Online-Zeit, wenn man eine Navigations-App verwendet, die über das Internet auf aktuelle Informationen zur Verkehrslage zugreift und die Routenführung zwischendurch anpasst wird?

Podcasts werden besonders gerne beim Autofahren gehört. Zählt die gesamte Fahrzeit zur Online-Zeit, falls die Episoden nicht bereits vor Fahrtantritt heruntergeladen, sondern gestreamt werden?

Muss man das Joggen zur Online-Zeit rechnen, wenn man über Wearables wie Fitness-Tracker oder Smartwatches permanent Daten erfasst und beispielsweise die gelaufene Wegstrecke aufzeichnet?

Wenn man beim Einkaufen im stationären Handel zum Bezahlen ein digitales Bezahlverfahren einsetzt, kommt das Internet zum Einsatz. Zählt das zur Online-Zeit – und gilt das nur für den reinen Bezahlvorgang, die gesamte Zeit an der Kasse inkl. Stehen in der Schlange oder sollte man die gesamte Zeit, die im Laden verbracht wird zur Online-Zeit gerechnet werden?

Wenn man beim Einkaufen in einem stationären Ladengeschäft über sein eigenes Smartphone einen Radiostream hört, lässt sich das möglicherweise als Online-Zeit anrechnen, aber gilt das auch, wenn der Ladenbetreiber denselben Radiosender als Hintergrundmusik im Laden laufen lässt – wieso macht es dann ggf. einen Unterschied, wenn man doch in beiden Szenarien dasselbe Programm hört?

Ich könnte diese Liste noch um einige Fragen ergänzen, aber eines sollte klar sein: Das Internet ist nahezu allgegenwärtig und eine Aufteilung in Online- und Offline-Situationen ist weder zeitgemäß noch zielführend. Vielleicht gibt es nicht einmal mehr echte Offliner, weil man an vielen Stellen „irgendwie doch“ das Internet nutzt, selbst wenn man weder ein Endgerät wie Smartphone, Notebook, Desktop-PC, Smart-Speaker, Tablet, E-Book-Reader, Fitness-Tracker, Smart-TV besitzt.

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