Habt Ihr Eure guten Vorsätze für 2012 schon formuliert? Ich habe da einen Vorschlag: Haltet Euch bei der privaten Social-Media-Nutzung zurück. Ihr werdet es sonst bereuen.
Es ist verrückt, wie viele Informationen zur eigenen Person ganz normale, recht vernünftige Menschen scheinbar bedenkenlos selbst ins Netz stellen. Optionen, wie sie etwa Facebook für den vermeintlichen Schutz der Privatsphäre bietet, verschlimmern die Situation meiner Ansicht nach noch, weil sie die User dazu ermutigen, Informationen bereitzustellen, die sie sonst nicht veröffentlichen würden. Ein paar Hemmungen sind ja noch da. Die Pflicht zur Verwendung des echten Namens anstelle eines Pseudonyms bei Social Networks wie Facebook und Google+ kann man so betrachtet sogar als Beitrag zum Schutz der Privatsphäre werten.
Gefährliche Illusion: Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre
Ob durch eine Panne, einen Hacker-Angriff oder durch (im besten Fall mit den besten Absichten) den Staat – es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie aus privaten oder nur für enge Freunde und Familienangehörige gedachten Inhalten Daten in der Hand Dritter werden können. Warum ich die Idee, via Internet mehr politische Mitwirkung der Bevölkerung zu ermöglichen, für gefährlich halte, habe ich neulich schon hier im Blog beschrieben. In den Medien kommen die negativen Aspekte aus der Kombination von Internet und Demokratie so gut wie nicht vor. Gegen mehr Demokratie im Internet sprechen sich im Jahr des Arabischen Frühlings höchstens noch Diktatoren aus.
Ausgewogener geht es in Bezug auf Online-Reputation und Job-Chancen zu. Unternehmen suchen im Netz nach Bewerbern, was so und so verstanden werden kann. Auch das war dieses Jahr schon Thema hier im Blog. Heute komme ich allerdings auf einen Aspekt der Online-Reputation zu sprechen, der ebenfalls noch unter dem Radar der meisten Internetnutzer liegt. Mitte des Monats nannte der BITKOM Ergebnisse einer telefonischen Umfrage unter 1.012 deutschsprachigen Internetnutzern ab 14 Jahren, die der Verband beim Meinungsforschungsinstitut Aris beauftragt hatte.
Personensuche vor dem ersten Date
Die Meinungsforscher wollten wissen, wie die Onliner nach aktuellen und ehemaligen Partnern, ihrem heimlichen Scharm oder ihrem nächsten Date Suchmaschinen einsetzen. 71 Prozent der Befragten haben schon einmal in dieser Hinsicht nach anderen Personen im Netz gesucht, sei es in allgemeinen Suchmaschinen wie Google, Yahoo! oder Bing, sei es bei Personensuchmaschinen wie Yasni oder 123people. Informationen zu Ex-Freund oder Ex-Freundin haben demnach schon mehr als 11 Millionen User (22 Prozent) recherchiert, über ihren „heimlichen Schwarm“ wollten auf diese Weise schon 14 Millionen (28 Prozent) etwas in Erfahrung bringen.
16 Millionen (31 Prozent) wollten wissen, was über ihren aktuellen Ehe- oder Lebenspartner im Netz zu finden ist. Sogar 18 Millionen (35 Prozent) haben sich bereits mittels Suchmaschinen auf ein erstes Date vorbereitet. Männer und Frauen sind ähnlich neugierig bei diesem Thema, nur bei der Recherche zum aktuellen Partner scheinen Frauen aktiver zu sein, Ostdeutsche sind aber auch aktiver als Westdeutsche. Insgesamt nutzen jüngere Internetnutzer überdurchschnittlich oft Suchmaschinen, um mehr über Partner, Ex-Partner und Dates zu erfahren.
Immerhin haben allerdings auch schon 35 Millionen Nutzer (69 Prozent) ihren eigenen Namen in Suchmaschinen eingegeben, einer von sechs Onlinern ab 14 Jahren recherchiert sogar regelmäßig in eigener Angelegenheit, jeder dritte gelegentlich und mehr als jeder fünfte eher selten. Ob das vor allem Neugier oder Problembewusstsein ist? So oder so, vielleicht trägt ja wenigstens die Sorge um das eigene Liebesleben dazu bei, im Netz weniger von sich preiszugeben.
Nicht gleich abmelden – aber nicht alles mitmachen
Hier verhält sich natürlich wie in anderen Lebensbereichen auch: Gar keine Präsenz zu zeigen, ist zwar die sicherste, aber nicht unbedingt die beste Lösung. Obwohl ich die positiven Aspekte in diesem Blogpost generell nicht anspreche, leugne ich nicht die enormen Chancen, die sich daraus ergeben, dass wir online etwas über uns verraten. Deshalb ist eine sorgfältige Abwägung gefragt.
Da wir die Auswirkungen, die unsere heutigen Aktivitäten im Social Web in der Zukunft (bis zum Ende unseres Lebens) einmal haben könnten, nur unzureichend einschätzen können, plädiere ich für ein Plus an Zurückhaltung. Lieber mal was sein lassen, lieber mal etwas verpassen, lieber mal nicht mitmachen. Zwecks Schärfung des Problembewusstseins empfehle ich zur Lektüre einen aktuellen Bericht über die erfolgreiche Facebook-Fahndung der Polizei Hannover in einem Mordfall sowie das Video mit dem Song über die vielen Leute bei Twitter, die ausfallend werden, weil sie zu Weihnachten nicht das gewünschte Apple-Produkt oder ein Auto geschenkt bekommen haben. In „WTF?! I Wanted An iPhone!!!“ kommen zahlreiche Tweets vor, mit denen sich die Absender von einer sehr unsympathischen Seite im Netz darstellen. Das hat sogar mich noch mal überrascht.
Werdet Ihr Euch im neuen Jahr bei der Nutzung von Social Media einschränken, um Euer zukünftiges Leben zu beschützen?